Banksy in der Staatsgalerie Stuttgart

Seit heute ist das Banksy-Werk „Love is in the bin“ in der Stuttgarter Staatsgalerie zu sehen. Das Medienecho über das direkt nach der Versteigerung des ursprünglichen Werkes „Girl with balloon“ aktivierte teilweise Schreddern desselben, durch einen von Banksy im Bilderrahmen versteckten Mechanismus und für das anwesende Auktionspublikum völlig überraschend, war gewaltig. Ebenso, als bekannt wurde, dass „Love is in the bin“ als Leihgabe der privaten Besitzerin zunächst für einige Wochen in Baden-Baden im Museum Frieder Burda gezeigt werden würde und danach für längere Zeit in der Stuttgarter Staatsgalerie.

Heute war es also soweit. Und als ich das Video zur Pressevorstellung gesehen habe, war ich über die Anzahl der anwesenden Personen sehr überrascht: Das Medieninteresse ist ungebrochen. Also war ich neugierig und bin abends nach der Arbeit kurz in die Staatsgalerie gegangen, um den Banksy anzuschauen – und zu schauen, wie viele andere Menschen ihn anschauen. Glücklicherweise wurde das Werk an einem Donnerstag vorgestellt, nach der Änderung der Staatsgalerie-Öffnungszeiten der einzige Wochentag, an dem ein Besuch nach einer „normalen Arbeitszeit“ noch möglich ist.

Gezeigt wird „Love is in the bin“ im größten Raum der Altniederländer-Sammlung, neben einem der faszinierendsten Gemälde der Staatsgalerie aus dem „Goldenen Zeitalter“ Hollands: Es zeigt des vom Leben geformte Gesicht Rembrandts in hohem Alter. Vor der Presse hat Staatsgalerie-Direktorin Christiane Lange eine Motivation hinter dieser Gegenüberstellung erläutert: Rembrandt hat über seine vielen Selbstportraits die Darstellung seiner Person zur Marke auf dem damaligen Kunstmarkt gemacht. Banksy hingegen schafft dadurch, dass die Öffentlichkeit über die wahre Identität seiner Person seit Beginn seiner Streetart-Aktivitäten nur rätseln kann, eine ebenso starke Marke – nämlich die „Abwesenheit seines Gesichtes“. Auch im kurzen Informationstext, welcher nun neben den beiden Werken an der Wand zu lesen ist, wird diese Fragestellung – wie ich finde – recht gut angerissen. (Die für die Staatsgalerie neue Form einer interaktiven Medienstation mit zwei iPads hingegen ist in der technischen Umsetzung wohl noch etwas zu optimieren.)

Im Video über die Pressepräsentation sieht man neben Christiane Lange die Kuratorin der Staatsgalerie für altdeutsche und niederländische Malerei, Sandra-Kristin Diefenthaler. Vor einigen Wochen habe ich eine Führung von ihr gehört, in der sie auch dieses Rembrandt-Bild besprochen hat: Nach seinem Erwerb durch die Staatsgalerie in der 1960er Jahren gab es in der Fachwelt und der breiten Öffentlichkeit eine intensive Diskussion darüber, ob das Bild von Rembrandt selbst gemalt wurde oder von einem der Mitarbeiter seiner Werkstatt. Und darüber, welcher finanzielle Wert damit verknüpft wäre. Die Frage, wer dieses Bild gemalt hat, ist bis heute nicht zufriedenstellend beantwortet. Und die allgemeine Frage nach dem „Wert“ von Kunst führt bekanntermaßen bei vielerlei Gelegenheit zu hitzigen Diskussionen jeder Couleur. Dabei ist gerade Banksy wohl derjenige aktuelle Künstler, der diese Debatte als Kunstschaffender am aktivsten anheizt, zuletzt durch die Auktions-Schredder-Aktion mit „Love is in the bin“ als fotogenem Ergebnis, welches nun in der Staatsgalerie zum persönlichen fotogenen Erlebnis auffordert.

In der Staatsgalerie Stuttgart am Abend des 7.3.2019: Banksy hängt neben Rembrandt.

In der Staatsgalerie hat das Banksy-Werk am ersten Tag seiner Präsentation jedenfalls für reichlich Interesse gesorgt: Vor Ort vor dem Banksy und auf dem direkten Weg dahin habe ich deutlich mehr Besucher in der Staatsgalerie wahrgenommen als sonst um diese Zeit in den Ausstellungsräumen der ständigen Sammlung und dies waren vorrangig jüngere Besuchen (gerade im Vergleich zum in keiner Weise als „jung“ zu benennenden Staatsgalerie-unter-der-Woche-Stammpublikum). Und auch auf Instagram kann man bereits reichlich Zeugnisse dieser Besuche sehen. Die Strategie der Staatsgalerie scheint also aufzugehen: Junge Besucher in ihr Haus zu locken und Diskussionen über Kunst anzuregen.

Ich bin gespannt, wie sich dies im Laufe der derzeit auf ein Jahr angesetzten Banksy-Präsentation, die innerhalb der Staatsgalerie in wechselnden Räumen stattfinden soll, entwickeln wird; nach meinem ersten Eindruck bin ich da ganz optimistisch.

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