Christian Megert. Ohne Anfang und Ende (Waldenbuch, 2015/16)

Ausstellung: „Christian Megert. Ohne Anfang und Ende“

Wo: Museum Ritter, Waldenbuch

Wann: 18.10.2015 – 17.4.2016

Link: https://www.museum-ritter.de/de/inhalt/ausstellungen/rueckblick/rueckblick-2016-2015-2014/christian-megert-ohne-anfang-und-ende181015-170416.html

Eintritt: 6€ / 4€

Katalog: In der Ausstellung kann man für knapp 20€ einen ansprechend gestalteten („spiegelnd, quadratisch“) Katalog kaufen. Er enthält mehrere knappe Texte, die sich auf unterschiedliche Art und Weise mit dem Werk von Christan Megert befassen, einschließlich eines Interviews mit dem Künstler. Alle in der Ausstellung gezeigten Werke sind abgebildet und aufgelistet, werden aber nicht einzeln besprochen. Ungewöhnlich für einen Ausstellungskatalog sind die großen Abbildungen, die die Ausstellungsräume mit den Werken Megerts im Museum Ritter zeigen und somit einen guten Eindruck der Ausstellungspräsentation wiedergeben.

 

Über die Ausstellung:
Christian Megert hat seit über weit 50 Jahren ein umfangreiches künstlerisches Werk geschaffen, dessen bekanntester und charakteristischster Aspekt der Einsatz von Spiegeln ist. So hat er in den 1960er Jahren bei ZERO-Ausstellungen oder bei der documenta unter anderem mit Environments oder ganzen Spiegel-Räumen von sich reden gemacht. Viele seine Werke arbeiten mit klaren geometrischen Formen oder sind vor ihrer Realisierung technisch durchgeplant. Somit passt die Kunst Christian Megerts gut in das bewährte Programm, welches das Museum Ritter seit nun bereits zehn Jahren verfolgt: Auch bei ihm spielt das Quadrat als grundlegende Form bei zahlreichen Arbeiten eine wichtige Rolle und er ist mit mehreren Werken in der hauseigenen „Sammlung Marli Hoppe-Ritter“ vertreten. Passend zum 80. Geburtstag Christian Megerts im Januar 2016 zeigt das Museum Ritter nun einen Querschnitt durch sein künstlerisches Lebenswerk.

Kunst + Physik:
Sowohl das Phänomen „Spiegelung“ als auch seine praktische Umsetzung als „Spiegel“ sind aufs engste mit physikalischem Verständnis dessen, wie Licht sich ausbreitet und wie es mit Materie wechselwirkt, verknüpft. Somit liegt bei Kunstwerken, die mit Spiegeln arbeiten, stets die Verknüpfung mit physikalischen Denkweisen nahe, ob vom Künstler gewollt oder nicht. Im Fall von Christian Megert gibt es aber viel weitergehende physikalische Aspekte: Wenn er beispielsweise anhand seines Werkes „Gotthard-Granit“ (1985) vorführt, dass auch ein Gestein als Spiegel dienen kann, wenn man ihn nur gut genug poliert. Und bei mehreren Werken aus den 1970er Jahren setzt er Einwegspiegel ein und demonstriert damit, wie physikalische Effekte (hier also zwei parallele spiegelnde Flächen) überraschenden und den Betrachter in seinen Bann – oder optisch ins Kunstwerk hinein – ziehen können. Im Werk „Großer Zoom im Lichtkasten“ (1972) kombiniert er dies noch mit Kinetik in Form eines sich unmerklich verändernden Konkav-/Konvex-Spiegels zu einem Werk, das zu „verstehen“ auch aus physikalischer Sicht ein nette Herausforderung ist.

Neben der etwa 40 Werke umfassenden Ausstellung zu Christian Megert im Obergeschoss zeigt das Museum Ritter im Erdgeschoss gleichzeitig die Ausstellung „Lunapark 2000 – Lichtkunst aus der Sammlung Marli Hoppe-Ritter“. Die dort gezeigten neun teils großformatigen Werke von bedeutenden Lichtkünstlern (Morellet, Kowanz, Prantl, Kotter, Nannucci, Bulloch, rosalie), die alle nach dem Jahr 2000 entstanden sind, stecken voller physikalischer/naturwissenschaftlicher Phänomene: Lichterzeugung, Farbwahrnehmung, Spiegelungen, Raumwahrnehmung, Informationskodierung, … Hier ist fast jedes einzelne Werk eine Fundgrube für eine physikalische Betrachtung!

Persönliche Einschätzung:
Die Ausstellung zu Christian Megert ist aus meiner Sicht eine gelungene Präsentation seines künstlerischen Schaffens. Die überschaubare Größe der Ausstellung mit etwa 40 Arbeiten erscheint mir als angemessen: Somit besteht die bei umfangreicheren Präsentationen von Künstlern der geometrischen oder der Lichtkunst lauernde Gefahr einer ermüdenden oder lediglich dekorativen Wiederholung hier nicht. Die Gegenüberstellung mit den im Erdgeschoss gezeigten zeitgenössischen Werken anderer Künstler demonstriert einerseits, dass viele optische Phänomene, die in heutigen Werken eingesetzt werden, bereits vor Jahrzehnten in der bildenden Kunst erforscht wurden und andererseits wie moderne Technologien zu neuen künstlerischen Ansätzen führen, die auch den heutigen Betrachter fasziniert in ihren Bann ziehen.
Auch die aktuelle Ausstellung im Museum Ritter ist somit ein prädestiniertes Ziel für einen gelungenen Wochenendausflug.

Tip für den Besuch:
Samstags und sonntags um 15:30 gibt es öffentliche Führungen durch die Ausstellungen, die im Eintrittspreis enthalten sind. Auch der Audioguide ist kostenlos und durchaus empfehlenswert, da es sonst in den Ausstellung keine Erläuterungen zu den einzelnen Werken gibt. Das Museum Ritter ist sehr kinderfreundlich – und alles, was man im Nachbarflügel zum Thema „Schokolade“ bzw. „Ritter Sport“ finden kann, tut hierbei natürlich ein Übriges.

Persönliche Favoriten:

  • Christian Megert: „Großer Zoom im Lichtkasten“ (1972), hierbei unbedingt den Schalter betätigen und schauen, wie sich das Wahrgenommene langsam verändert.
  • Christian Megert: „Triptychon“ (1973).
  • Christian Megert: „Ohne Titel“ (1974), wobei es unaufdringlich um Reflexionen geht und ebenso um Minimal Art und Wahrnehmungserwartungen des Betrachters.
  • Christian Megert: „Transparent gelb übermalte Spiegel“ (1980).
  • Christian Megert: „Steinbuch“ (1989).
  • Christian Megert: „Runder schwarzer Scherben“ (2014).
  • In der Lichtkunst-Ausstellung im Erdgeschoss die Werke von François Morellet und Brigitte Kowanz.