Ausstellung: „Spot an! Lichtkunst von Flavin, Kowanz, Morellet, Nannucci u.a.“
Wo: kunsthalle weishaupt, Ulm
Wann: 4.10.2015 – 10.4.2016
Link: http://kunsthalle-weishaupt.de/publikation/spot-an/
Eintritt: 6€ / 4€
Katalog: Für 8€ kann man ein großformatiges „Magazin“ zur Ausstellung erwerben. Es enthält Abbildungen der gezeigten Werke sowie einige Ausstellungsansichten. Dazu einen sehr kurzen Einführungstext, ebenfalls kurze Erläuterungen zu den Künstlern und einigen der Werke. Als ich dieses großformatige „Nicht-ganz-Buch“ in der Hand hielt, hatte ich noch mehr erwartet als es dann hielt (die Texte finde ich zu kurz – obwohl ich sonst bei Katalogen eher das Gegenteil empfinde – und es gibt ein paar Ungereimtheiten bei den Abbildungen). Aber für den wirklich günstigen Preis erhält man eine ausgesprochen hübsche Erinnerung an die Ausstellung.
Über die Ausstellung:
In der Sammlung Weishaupt gibt es eine Reihe Werke wichtiger Lichtkünstler und diese sind nun in einer Ausstellung vereinigt. Ein Anlass war das Jahr des Lichtes 2015, aber auch unabhängig davon passt diese Ausstellung gut ins Programm der kunsthalle weishaupt. Die Ausstellung zeigt eine große und vielseitige Werkgruppe zu François Morellet, außerdem jeweils mehrere Arbeiten von Dan Flavin, Brigitte Kowanz und Maurizio Nannucci. Einzelne Werke von John Armleder, Mario Merz, Nam June Paik und Keith Sonnier runden die Präsentation ab. Zwar stammen einige Werke bereits aus den 1960er Jahren, aber die meisten sind erst in den letzten zehn Jahren entstanden.
In den sehr großzügigen Ausstellungsräumen haben die Kunstwerke jeweils reichlich Platz zum Entfalten und kommen sich somit nicht zu nahe – was bei Lichtkunst sonst durchaus ein Problem werden kann.
Kunst + Physik:
Bei Lichtkunst gibt es oft offensichtliche Verknüpfungen zu unterschiedlichen physikalischen Aspekten: Angefangen von der Lichterzeugung über Reflexion, Transmission und Streuung von Licht bis schließlich zur Wahrnehmung von Licht. Auch in dieser Ausstellung gibt es reichlich davon zu entdecken, etwa besonders offensichtlich bei Maurizio Nannuccis „Colors (white, blue, green, red)“ von 1969 oder etwas subtiler bei Dan Flavin, bei dem das Licht an sich Kern der Werke ist.
Darüber hinaus greifen die Künstler ganz andere physikalische Aspekte auf: Brigitte Kowanz mit der Kodierung von Information über das Morse-Alphabet oder mit dem geometrischen Wechselspiel eines Kreises mit dem Raum in einen Würfel bei „Rund um die Uhr“ (1997/2011). Auch François Morellet greift das Thema Raum in mehreren Arbeiten auf, aber ebenso die Ziffernfolge von π, also Geometrie und Zufall.
Zu entdecken gibt es in dieser Ausstellung zahlreiche Verknüpfungen von Kunst und Physik! Aber man muss diese in der Tat entdecken, denn die Erläuterungstexte, die sich den einzelnen Künstlern widmen, gehen nicht darauf ein. Und sogar der aus meiner Sicht durchaus relevante Punkt der Lichterzeugung wird insofern nicht weiter beachtet, als in den Beschriftungen nicht zwischen Neonröhren und Leuchtstofflampen unterschieden wird, obwohl die Künstler diese offensichtlich bewusst gewählt haben.
Persönliche Einschätzung:
Dies ist eine großzügig präsentierte Ausstellung von gut 30 Werken, die einige wichtige Aspekte in der Entwicklung der Lichtkunst der letzten 50 Jahre repräsentieren. Es handelt sich in keiner Weise um einen umfassenden Überblick zum Thema Lichtkunst, sondern vielmehr um eine Ausstellung einiger weniger Künstler, wobei gerade die Kombination von Flavin, Nannucci, Morrellet und Kowanz bedeutende und teils richtungweisende Positionen darstellt. Wer sich für Lichtkunst interessiert oder einfach offen für die unterschiedlichen Richtungen zeitgenössischer Kunst ist, wird hier Anregungen zum genauen Hinschauen oder einfach zum Genießen von künstlerischen Licht-Räumen finden. Ich habe mich jedenfalls an einer ganzen Reihe von Werken in den schönen und ruhigen Räumen der kunsthalle Weishaupt erfreut.
Tip für den Besuch:
Einige der Ausstellungsräume sind nicht vollständig gegen Tageslicht zu verdunkeln, so dass die gezeigten Lichtkunstwerke im Laufe eines Tages unterschiedlich wirken können, je nach Helligkeit von Umgebung/Außenlicht. Ich habe die Ausstellung einmal winter-bedeckt-mittags gesehen und dann noch einmal kurz vor Schließzeit bei einsetzender Dunkelheit. Für meinen Geschmack haben die meisten Werke bei dunklerer Umgebung besser gewirkt. (Und Maurizio Nannuccis großen Arbeit „Love“ wirkt deshalb hier ganz anders als das Ausstellungsplakat suggeriert oder auch als die Variante des Werks, die derzeit im Museum Ritter zu sehen ist.)
Da die Ausstellung mit gut 30 Werken nicht allzu vielteilig ist, lohnt auch ein kürzerer Besuch und dieser wird definitiv nicht ermüdend, sondern erhellend sein!
Persönliche Favoriten:
- Dan Flavin: Vier Werke geben einen wunderbaren Einblick in sein Werk: Es sind genug Arbeiten, um die Vielfalt zu erahnen, aber nicht zu viele, so dass es langweilig wirken könnte.
- Brigitte Kowanz: „Morsealphabet“ (2012) mit Leuchtröhren als Sonnenstrahlen.
- Brigitte Kowanz: „FOCUS“ (2013) mit mehr oder weniger konzentrischen Ringen, mit Lichtquellen und Morsealphabet.
- Brigitte Kowanz: „Rund um die Uhr“ (1997/2011) mit (teils verkleinernden) Spiegelungen und Wortwitz nicht ganz so „ernst“ oder „erhaben“ wie viele andere der Werke dieser Ausstellung.
- François Morellet: „Grotesque n°8“ (1993) mit sehr viel Geometrie aus nur drei Elementen.
- François Morellet: „Négatif n°7“ (2008) ist Geometrie mit Witz.
- François Morellet: „Rouge Pair – Bleu Impair n°1, n°2, n°3 “ (2012) ist ein Spiel mit der Zahl π, mit Zufall und mathematischen Regeln.
- François Morellet: „Sous-Prématisme n°1-3 “ (2010) ist einerseits hübsch anzuschauen, aber andererseits eine offensichtliche Anspielung auf berühmte Werke von Kasimir Malewitsch – auf unterschiedlichen Ebenen…
- Maurizio Nannucci: „Colors (white, blue, green, red)“ (1969) ist zwar sehr schlicht, aber aus naturwissenschaftlicher Sicht (Farben, Farbwahrnehmung, Farbwiedergabe) ausgesprochen vielschichtig.