Gestern Abend wurde die Fernsehansprache von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gesendet, in der er sich wegen der Coronavirus-Pandemie und aus Anlass des Osterfestes an die Menschen in Deutschland wendet. Beim Anschauen dieser Rede habe ich mich gefragt, welches Gemälde ausschnitthaft hinter dem an einem Schreibtisch in seinem Amtszimmer im Berliner Schloss Bellevue sitzenden Bundespräsidenten zu sehen ist. Es ist dieses Bild:
Es handelt sich dabei um das Gemälde „Der Weimarer Musenhof. Schiller in Tiefurt dem Hof vorlesend“ (1860) von Theobald Reinhold von Oer. Dargestellt ist die rückblickend verklärte Vorstellung davon, wie am Weimarer Hof des späten 18. Jahrhunderts, während der Regentschaft von Herzog Carl August, ein aufgeschlossener Austausch in idyllischer Umgebung (dem Park von Schloss Tiefurt bei Weimar) zwischen Herrschenden (der Familie des Fürsten sowie sein Hof, einschließlich Goethe) auf der einen Seite und verschiedenen „Dichtern und Denkern“ auf der anderen Seite hätte stattfinden können – auch wenn er in dieser Form nicht stattgefunden hat. Die gerade vortragende Person ist Friedrich Schiller. Links sieht man unter anderem Alexander und Wilhelm von Humboldt sowie Wilhelms Ehefrau Caroline.
Dass sich das Staatsoberhaupt Deutschlands vor dieser Idealvorstellung des gemeinsamen Denkens, Diskutierens und Handels zwischen Staatslenkern und gebildeten Bürgern zeigt, passt sehr gut in die Staatsauffassung der Bundesrepublik Deutschland und natürlich besonders in die Zeit der Coronavirus-Pandemie, in der mit Virologen und Epidemiologen auch Naturwissenschaftler in sonst kaum gekannter Form eine aufmerksam gehörte Stimme besitzen bezüglich der wichtigsten und einschneidendsten Entscheidungen in Deutschland auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene. Die Brüder Humboldt erinnern mich auch an das große Alexander von Humboldt-Jubiläum 2019, welches Frank-Walter Steinmeier u.a. zum Anlass genommen hatte, die weltweite Bedrohung der Natur in Erinnerung zu rufen. Das Gemälde des Weimarer Musenhofes, eine Leihgabe der Staatlichen Museen zu Berlin, konkret der Alten Nationalgalerie, befand sich aber bereits von Amtsantritt des aktuellen Bundespräsidenten im Schloss Bellevue.