Die umfassende Ausstellung zu Hans Baldung Grien in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe zeigt mit dem Untertitel „heilig | unheilig“ bis zum 8.3.2020 nicht nur einen Großteil seiner erhaltenen Gemälde sowie einen breiten Querschnitt zu seinem druckgrafischen Werk, sondern auch eine beachtliche Anzahl an Zeichnungen. Darunter befindet sich das „Karlsruher Skizzenbuch“ aus dem Kupferstichkabinett der Karlsruher Kunsthalle, in dem mehrere Dutzend Blätter mit Silberstiftzeichnungen Baldung Griens zusammengefasst aufbewahrt werden.
Der Silberstift (als „Metallstift“ ein Vorläufer des bis heute gebräuchlichen Bleistiftes, auch wenn letzterer mit Graphit schreibt und damit gar nicht mit einem konventionellen Metall) war im 15. und auch noch im frühen 16. Jahrhundert ein unter Künstlern beliebtes Zeichenmedium, um schnelle Skizzen zu Papier oder Pergament zu bringen. Am Karlsruher Skizzenbuch kann man einen derartigen Silberstift sogar im Original sehen, da dieser nämlich als Verschluss des Einbandes dient.
Die Karlsruher Ausstellung zeigt auch Silberstiftzeichnungen aus dem Statens Museum for Kunst in Kopenhagen, von denen mich zwei Studien von Vögeln besonders fasziniert haben. Die eine zeigt einen Paradiesvogel und stammt aus der Zeit um 1522-25. Sie gilt sogar als die älteste Darstellung ihrer Art. Europäer erfuhren erstmals 1521 im Rahmen der Magellan-Weltumrundung von Paradiesvögeln. Einige – ohne Beine und Füße präparierte – Bälge von Paradiesvögeln erregten daraufhin auch im deutschsprachigen Raum Aufsehen und offensichtlich hat Hans Baldung Grien einen derartigen Balg im Original sehen und zeichnen können.
Eine andere Studie zeigt den Kopf und Oberkörper eines Edelsittichs. Auch dies erscheint auf den ersten Blick für einen deutschen Künstler des frühen 16. Jahrhunderts vielleicht überraschend. Aber der Sittich war damals ein etabliertes Symbol für Maria. Und gerade Hans Baldung Grien verwendete immer wieder ungewohnte und auch exotische Bildelemente in seinen Werken. Dies verdeutlicht sein berühmtes Tafelgemälde „Maria mit Kind und Papageien“ (1533) aus dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, das sowohl einen Sittich als auch einen Graupapagei prominent in Szene setzt.