Anish Kapoor ist bekannt für seine meist recht großen Skulpturen, die mit optischen Phänomenen abreiten, als solche aber oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind (und somit natürlich „Kunst und Physik“ sind). Gerade deshalb muss man als Betrachter immer wieder der Verlockung, die Kunstwerke z.B. anzufassen, widerstehen. (Denn zumindest bei seinen Werken innerhalb von Museen ist Anfassen natürlich nicht erlaubt.)
Bei einer Kapoor-Ausstellung in der Serralves-Stiftung in Portugal konnte ein Besucher dieser Versuchung nun offensichtlich nicht widerstehen, mit der Folge dass er in das über zwei Meter tiefe, schwarz eingefärbte Loch im Boden eines Ausstellungspavillons fiel, das das Werk „Descent into Limbo“ ausmacht. Ich selber habe dieses Werk auf der documenta 1992 in Kassel gesehen (nach einiger Wartezeit vor dem Pavillon, bevor man in kleinen Gruppen in den von außen unscheinbaren Gebäudekubus eingelassen wurde und mit der Vorgabe – und unter Aufsicht –, dass man gerade nicht auf oder in den großen schwarzen Kreis im Boden tritt sondern immer etwas Abstand hält, mit großen Augen in das kaum zu definierende Dunkel schaute) und kann bestätigen: Ja, man würde gerne hinfassen und dann mit eigenen Händen fühlen, „dass da nichts ist“. Aber das gehört manchmal ja gerade zum Zauber moderner Kunst, dass eben nicht auf den ersten Blick offensichtlich ist, was dahinter steckt.
Erst recht, wenn es bei „Descent into Limbo“ um den Abstieg in die Vorhölle geht.