Zum Tode von Albert Uderzo und der Bedeutung von Asterix

Am 24.3.2030 starb im Alter von 92 Jahren Albert Uderzo, der Miterfinder und langjährige Zeichner der Asterix-Abenteuer. Gemeinsam mit dem bereits 1977 gestorbenen Texter René Goscinny schuf er mit den Geschichten um Asterix und Obelix ein epochemachendes Comic-Werk, das auch ich seit meiner Kindheit intensiv gelesen habe (d.h. damals aus der Stadtbibliothek ausgeliehen) und das ich bis heute sehr schätze – wobei ich letzteres, wie viele Asterix-Fans, im Wesentlichen auf die gemeinsam von Goscinny und Uderzo kreierten Comics (bis Album 24, „Asterix bei den Belgiern“) beziehe, von denen die ersten zwei oder drei zwar teils auch sehr witzig sind, stilistisch aber noch so etwas wie eine „Findungsphase“, die aus meiner Sicht mit dem vierten Band, „Asterix als Gladiator“ abgeschlossen ist, auf den dann zahlreiche wunderbare Alben folgten.

Über die Jahre habe ich im beruflichen und privaten Umfeld immer wieder Menschen kennengelernt, die sich – teils für mich sehr überraschend – wie ich für die Asterix-Geschichten begeistern und dabei manchmal auf beeindruckende Weise textsicher sind. Gerade hierbei zeigt sich, dass der Erfolg der Asterix-Comics eben nicht nur mit den liebevollen und detailreichen Zeichnungen Uderzos zusammenhängt, sondern auch mit den Erzähler- und Texterqualitäten Goscinnys, wobei letztere in der deutschen Version der „klassischen“ Alben, in der Übersetzung von Gudrun Penndorf und Textbearbeitung durch Adolf Kabatek, eine ganz eigene Qualität erreichen.

Was hat Asterix mit Kunst und Physik zu tun?

Dass Comics Kunst sein können, ist heute unumstritten und dass Uderzo hierbei ein bedeutender graphischer Künstler ist ebenso. Dies kann man in zahllosen seiner Zeichnungen erleben. Hinzu kommt, dass es über die Asterix-Alben verteilt eine ganze Reihe mehr oder minder versteckter Anspielungen an andere Kunstwerke gibt. Hierzu gehören Gruppenszenen, deren Arrangements Théodore Géricaults „Floß der Medusa“ (Asterix als Legionär) oder Rembrandts „Die Anatomie des Dr. Tulp“ (Der Seher) folgen. Und auf dem Sklavenmarkt in „Die Lorbeeren des Cäsar“ den athletischen Sklaven, der erst als Rodins „Denker“ posiert, dann als Laokoon (mit Asterix als einem der Söhne Laokoons) und schließlich als Diskuswerfer des Myron. Und dazwischen steht dieser leichtbekleidete Sklave im Kontrapost und legt dabei einen Arm auf einem Baumstumpf mit Astgabel ab – letzteres ein klares Zitat auf die Baumstämme, die bei vielen römischen Marmorkopien griechischer Statuen aus statischen Gründen hinzugefügt wurden, wohingegen die griechischen Bronzeoriginale diese nicht brauchten. Aber auch nichtwestliche Kunst wird aufgegriffen, so in „Die große Überfahrt“ der berühmte Farbholzschnitt „Die große Welle vor Kanagawa“ von Katsushika Hokusai.

Laokoon-Gruppe (Vatikanische Museen).
Im Asterix-Band „Die Lorbeeren des Cäsar“ wird diese berühmte antike Skulptur sehr offensichtlich bildlich zitiert.

Mit „Physik“ ist es bei Asterix hingegen nicht ganz so offensichtlich. Natürlich gibt es immer dann, wenn Asterix und noch viel häufiger Obelix die Wirkung des unbesiegbar machenden Zaubertranks demonstrieren, vielfältige Variationen von Krafteinwirkung, Impulsübertragung, kinetischer Energie und ballistischen Flugbahnen. Aber sie werden dabei nicht als explizit physikalische Aspekte angesprochen. Anders hingegen in „Asterix und der Arvernerschild“, als es um die Verdrängung von Wasser geht. Hier erläutert Asterix „Ein Grieche namens Archimedes hat gesagt…“, was Obelix mit „Die spinnen, die Griechen!“ kontert.

Chemische Aspekte der Asterix-Alben würden übrigens schon in Form einer (nicht ganz ernst gemeinten) wissenschaftlichen Studie diskutiert: „Druids’ Knowledge in Chemical Engineering: Analysis of the Illustrated Literature by Goscinny and Uderzo“ (Susanne Leuchs, Lasse Greiner, Dominique Dechambre and André Bardow, Chemie Ingenieur Technik (CIT) 84, 427 (2012)) stellt unter anderem Analogien her zwischen der Zaubertrankproduktion durch den Druiden Miraculix und kleinen und mittleren Unternehmen der chemischen Industrie. Vielleicht macht sich in Zukunft ja auch jemand an die Aufgabe, die Asterix-Geschichten und -Zeichnungen aus physikalischer Sichtweise zu untersuchen?

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