Thomas Demand und das Gubbio Studiolo

Das Metropolitan Museum of Art produziert als „The Artist Project“ seit einigen Jahren kurze Filmchen (und stellt sie dann online), in denen zeitgenössische Künstler einzelne Werke der Museumssammlung besprechen und ihre eigene Gedanken dazu preisgeben. Sehr interessant finde ich hierbei die kürzlich erschienene Folge, in der Thomas Demand über das Gubbio Studiolo spricht.

Das Gubbio Studiolo gehört zu meinen Lieblingsobjekten im Metropolitan Museum und es ist auch aus „Kunst und Physik“-Sicht sehr interessant. Es handelt sich dabei um die Wandvertäfelung eines kleinen Studierzimmers („studiolo“), die Federico da Montefeltro, Herzog von Urbino, um 1480 für seinen Palast in Gubbio anfertigen ließ. Federico da Montefeltro hatte eine ausgesprochen erfolgreiche, aus Historikersicht durchaus kritisch beurteilte militärische und politische Karriere. Für die Kunstgeschichte ist er von besonderer Bedeutung, da er an seinem Hof eine beeindruckende Reihe herausragender Künstler und Gelehrter versammelte – wie es unserer heutigen Vorstellung von einem idealen Renaissance-Fürsten entspricht. Darunter ist mit Piero della Francesca einer der wichtigsten Künstler der italienischen Frührenaissance überhaupt, der sich u.a. intensiv mit der Zentralperspektive befasste und somit „Kunst und Physik“ idealtypisch verkörpert und der mehrere bedeutende Gemälde für Federico da Montefeltro schuf, u.a. die Pala Montefeltro, ein Altargemälde, das sich heute in der Mailänder Brera befindet. Konzepte der Zentralperspektive, somit der zweidimensionalen Darstellung eines dreidimensionalen Raumes, finden sich auch in höchster Vollendung in den Intarsienarbeiten auf den Wänden des Gubbio Studiolos, die unter Aufsicht von Francesco di Giorgio Martini, ebenfalls ein herausragenden Künstler und insbesondere Architekt der Frührenaissance, erstellt wurden. Dass sich Thomas Demand, der in seinen eigenen Werken ebenfalls die zweidimensionale, hier fotografische Darstellung von besonderen Raumkonstellationen (bzw. von nachgebauten Modellen derselben) als Kernthema hat, nun aus der reichen Sammlung des Metropolitan Museums gerade das Gubbio Studiolo für seinen Beitrag zum „The Artist Project“ ausgewählt hat, erscheint somit ausgesprochen schlüssig.

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