Die Staatsgalerie Stuttgart zeigt noch bis zum 3.4.2016 (die Ausstellung wurde verlängert) in ihrem Graphik-Kabinett die Sonderausstellung „Albrecht Dürer und Lucas van Leyden: Kunst und Leben um 1500“. Während Albrecht Dürer (1471-1528) als Hauptfigur der Renaissance in Deutschland ein berühmter Name ist und auch einige seiner Werke allgemein vertraut (Feldhase; betende Hände…), ist Lucas van Leyden (um 1489-1533) weit weniger bekannt. Die kleine Ausstellung stellt druckgraphische Werke der beiden Künstler gegenüber (erweitert um einige wenige weitere Künstler der Zeit sowie ihre direkten Vorgänger, etwa Meister E.S. oder Martin Schongauer), wobei der Schwerpunkt weniger auf den im frühen 16. Jahrhundert vorherrschenden religiösen Motiven liegt, sondern auf den weltlichen. Dies betrifft einerseits Details (z.B. die Schweine in Dürers berühmten Kupferstich vom „verlorenen Sohn“), aber es werden auch eine ganze Reihe Werke gezeigt, die explizit Alltagsszenen zeigen, unterschiedliche Menschen der damaligen Zeit oder auch Ungewöhnliches bis Bizarres, das besondere Beachtung verdiente und deshalb druckgraphisch festgehalten, publiziert und so einem breiteren Kreis bekannt gemacht wurde.
Die Ausstellung zeigt einen Einblick in den Alltag und unterschiedliche Lebensaspekte aus dem frühen 16. Jahrhundert. Hierin unterscheidet sich das in der Graphik Dargestellte deutlich von dem, was man in Kunstmuseum typischerweise aus dieser Zeit sieht: Auf Gemälden herrschen damals biblische oder allegorische Motive sowie Portraits vor. Zeichnungen und Drucke können aus konservatorischen Gründen hingegen stets nur für kurze Zeit ausgestellt werden. Somit ermöglicht die kleine Stuttgarter Ausstellung einen erfrischend anderen Blick auf die Zeit der Renaissance in Deutschland, der gerade bei Lucas van Leyden einige Überraschungen parat hält. So zeigen etwa sein „Chirurg“ oder sein „Zahnarzt“ damalige medizinische Behandlungen in ihrer aus heutiger Sicht außerordentlichen Drastik.
Von Albrecht Dürer ist ein Querschnitt durch sein druckgraphisches Schaffen zu sehen: Holzschnitte, Kupferstiche sowie einige seiner Eisenradierungen (z.B. die „Kanone“). Und auch für den Betrachter, der aus „Kunst und Physik“-Perspektive in Dürer vor allem den „Renaissance-Menschen“ sieht, der Kunst und Naturwissenschaft verbindet, gibt es etwas, nämlich zwei seiner berühmten Bücher: Eines zu den menschlichen Proportionen sowie die „Underweysung der Messung“ (aufgeschlagen beim berühmten Entwurf zu einem Bauernkriegsdenkmal).